Familie, Arbeit, Sozialleistungen: Jeder kommt im Laufe seines Lebens in Kontakt mit Themen, für die – sobald es zum Rechtsstreit kommt – Sozialgerichte zuständig sind. „Unsere Bandbreite reicht von der Wiege bis zur Bahre“, fasste es Dr. Christian Zieglmeier, Präsident des Landshuter Sozialgerichts, beim Besuch des Landtagsabgeordneten Helmut Radlmeier (CSU) zusammen.
Ehrenamtliche sprechen Recht
„Die Sozialgerichtsbarkeit läuft etwas unter dem Radar“, wie Zieglmeier feststellte und Radlmeier bestätigte. Dafür aber biete sie hochspannende Themengebiete mit vielen Facetten. Ob bei Streitigkeiten zur gesetzlichen Kranken- oder Pflegeversicherung, zur Rentenversicherung oder Familienleistungen wie dem Kinder- oder Elterngeld: immer ist das Sozialgericht gefragt. Für die Arbeit stehen dem Sozialgericht Landshut derzeit 50 Mitarbeiter zur Verfügung, davon 16 Richterinnen und Richter. Außerdem sind 176 ehrenamtliche Richter im Einsatz, denn ein Verfahren wird in der Regel von einem haupt- und zwei ehrenamtlichen Richtern entschieden. Anders als die Schöffen am Amtsgericht werden die Ehrenamtlichen am Sozialgericht bestimmt – die meisten davon paritätisch von der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite.
Das Personal wird gebraucht: Über 3.500 Verfahren sind im vergangenen Jahr beim Sozialgericht Landshut neu eingegangen. Bei allen wird der sog. Untersuchungsgrundsatz angewandt. Das Gericht geht dem Fall so lange auf den Grund, bis er entscheidungsreif ist. Das ist mit großem Aufwand verbunden: Akten müssen gesichtet, Unterlagen angefordert und Gutachten eingeholt werden. „Hier sind wir immer auf die Mitwirkung der Beteiligten angewiesen“, stellte Zieglmeier klar. Gerade Gutachten dauern oft lange. In Landshut behilft man sich deshalb mit eigenen Untersuchungsräumen für medizinische Gutachten direkt im Haus. Ärzte können direkt vor Ort ein tagesaktuelles Gutachten erstellen. „Die Aktualität der Gutachten führt zu einer hohen Akzeptanz bei den Prozessbeteiligten“, berichtete Zieglmeier.
Digitalisierung und Home-Office
Eine Arbeitserleichterung sei auch die Digitalisierung: Als eines der ersten Sozialgerichte hat das Sozialgericht Landshut alle Säle mit Videokonferenzanlagen ausgestattet. „Die Technik ist praktisch, weil sich ein Rechtsanwalt oder ein Gutachter etwa aus einem anderen Bundesland einfach zuschalten kann“, erläuterte Zieglmeier. Im kommenden Jahr soll dann der Rechtsverkehr komplett elektronisch erfolgen, sodass die Zeit der dicken Papierakten am Gericht ein Ende hat.
Auf Radlmeiers Frage nach der Raumsituation machte Zieglmeier deutlich: „Räumlich sind wir auf Kante genäht. Grundsätzlich sei auch Home-Office für das Personal möglich. Auch biete man flexible Arbeitszeitmodelle an. „Eigentlich hat bei uns jeder sein eigenes Modell“, so Zieglmeier. „In Zeiten, in denen Viele Personal suchen, ist diese Flexibilität für die Attraktivität als Arbeitgeber wichtig. Dass die Justiz ein attraktiver Arbeitgeber ist, ist wiederum entscheidend dafür, dass der Rechtsstaat funktioniert“, unterstrich Radlmeier.